Friedrich Rückert -
Sanskritweise, Priamelformel
Man kann sich unter Stöhnen
Zuletzt an alles gewöhnen:
An kleine schreiende Kinder,
An große blökende Rinder,
An einen holpernden Wagen,
An einen knurrenden Magen,
An westfälischen Schinken,
Gutes Essen und Trinken,
An unterbrochenen Schlummer,
Ununterbrochenen Kummer,
Herzweh und Seitenstechen,
Kopfweh und Kopfzerbrechen,
An einen Kranz von Nessel,
An einen harten Sessel,
An Kachelofens Dampfen,
An der Walkmühle Stampfen,
An der Türangel Knarren,
Und an das Geschwätz von Narren. |
Johann Wolfgang von Goethe - Fünf Dinge
Was verkürzt mir die Zeit?
Tätigkeit!
Was macht sie unerträglich lang?
Müßiggang!
Was bringt in Schulden?
Harren und Dulden!
Was macht Gewinnen?
Nicht lange besinnen!
Was bringt zu Ehren?
Sich wehren! |
Rainer Maria Rilke - Herbst
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält |
Johann Wolfgang von Goethe - Sprüche
Die Welt ist nicht aus Brei und Mus geschaffen,
Deswegen haltet euch nicht wie Schlaraffen;
Harte Bissen gibt es zu kauen:
Wir müssen erwürgen oder sie verdauen.
Gut verloren - etwas verloren!
Mußt rasch dich besinnen
Und neues gewinnen.
Ehre verloren - viel verloren!
Mußt Ruhm gewinnen,
Da werden die Leute sich anders besinnen.
Mut verloren - alles verloren!
Da wäre es besser: nicht geboren.
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